Mittelschicht unter Druck

Mittelschicht unter Druck
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Infografik Nr. 632281

Eine stabile Mittelschicht gilt als tragende Säule nicht nur für eine gesunde Volkswirtschaft, sondern auch für den sozialen Frieden und eine funktionierende Demokratie. Doch wie eine Studie der OECD zeigt, schrumpfen die Mittelschichten seit den 1980er Jahren fast überall in den Industriestaaten. Die Hauptursache für das Schrumpfen der Mittelschichten ist der gestiegene wirtschaftliche Druck.

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Mit der Zugehörigkeit zur Mittelschicht verbindet sich typischerweise der Traum vom Eigenheim, einem sicheren Arbeitsplatz mit guten Aufstiegschancen und nicht zuletzt einer Basis, um den eigenen Kindern eine vergleichbare oder gar bessere Zukunft zu ermöglichen. Jenseits dieser individuellen Perspektive gilt eine stabile Mittelschicht als tragende Säule nicht nur für eine gesunde Volkswirtschaft, sondern auch für den sozialen Frieden und eine funktionierende Demokratie. Doch wie eine Studie der OECD zeigt, schrumpfen die Mittelschichten seit den 1980er Jahren fast überall in den Industriestaaten: Im Schnitt der OECD-Länder lebten 1985 noch 64 % der Bevölkerung in Haushalten mit mittlerem Einkommen, dreißig Jahre später war dieser Anteil auf 61 % gesunken. „Mittelschicht“ wird dabei definiert als Haushalt mit einem Verdienst von 75 % bis 200 % des Median-Einkommens. Das Median-Einkommen markiert genau die Mitte der Einkommensgruppen: die eine Hälfte verdient mehr, die andere weniger.

Die Hauptursache für das Schrumpfen der Mittelschichten ist der gestiegene wirtschaftliche Druck. So wuchsen die real verfügbaren Einkommen der Mittelschicht-Haushalte im Schnitt von 17 OECD-Ländern seit Mitte der 1980er Jahre deutlich langsamer als die der reichsten 10 %. Ablesen lässt sich das an der Entwicklung des Median-Einkommens, eines Indikators für die Einkommen der Mittelschicht: Von 1985 bis 2016 wuchs es um knapp 40 %, während die Einkommen der obersten 10 % um mehr als 60 % zunahmen. Magerer noch als der Median fielen die Einkommenszuwächse der unteren Schichten aus: Die Einkommen der unteren 20-40 % verbesserten sich um nur 30 %, und die untersten 10 % gewannen sogar nur 20 % hinzu. Die „Einkommensschere“ hat sich also erkennbar geöffnet. Verstärkt wurde dieser Trend durch die globale Wirtschaftskrise ab 2007, von der sich die Wachstumsraten der obersten Einkommensschichten deutlich schneller erholten als die der mittleren und unteren Gruppen.

Währenddessen erhöhten sich die Lebenshaltungskosten überproportional zu den Einkommenzuwächsen. Vor allem die Wohnungskosten fallen immer stärker ins Gewicht: 1995 musste ein Mittelschicht- Haushalt noch durchschnittlich ein Viertel seines Einkommens für die Unterkunft aufwenden, 2015 war es schon fast ein Drittel. Zugleich wurden die Arbeitsplätze der mittleren Schichten im Kontext sich ständig wandelnder Arbeitsmärkte unsicherer. Einer von sechs typischen Mittelschicht-Jobs ist mittlerweile durch Automatisierung bedroht. Im Ergebnis ist das Risiko für einen Abstieg in die unteren Schichten heute deutlich höher als vor dreißig Jahren.

Ausgabe: 09/2020
Produktformat: Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder
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