"Reichsbürger" und "Selbstverwalter"

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Infografik Nr. 132167

Seit einigen Jahren berichten die Medien von Anhängern der „Reichsbürger“-Bewegung, die mit Verschwörungstheorien, staatsfeindlicher Agitation und teilweise auch Gewalttaten in Erscheinung treten. Der Verfassungsschutz unterscheidet zwischen „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“. Allen unter diesen Kategorien erfassten Personen ist gemeinsam, dass sie die Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem nicht anerkennen.

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Seit einigen Jahren berichten die Medien von Anhängern der „Reichsbürger“-Bewegung, die mit Verschwörungstheorien, staatsfeindlicher Agitation und teilweise auch Gewalttaten in Erscheinung treten. Seit November 2016 wird die Szene vom Verfassungsschutz beobachtet. Vorangegangen waren Polizeieinsätze im August und September, bei denen selbsternannte „Reichsbürger“ die Polizeibeamten mit Schusswaffen angriffen; mehrere Polizisten wurden verwundet, ein SEK-Beamter erlag seinen Verletzungen. Der Verfassungsschutz unterscheidet zwischen „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“. Die Abgrenzung ist aber nicht ganz trennscharf. Allen unter diesen Kategorien erfassten Personen ist gemeinsam, dass sie die Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem nicht anerkennen. Jenseits davon existiert aber keine einheitliche Ideologie, sondern eine sehr diffuse Mischung aus verschwörungstheoretischen Geschichtsverdrehungen und pseudojuristischen Argumentationen. „Reichsbürger“ behaupten, das „Deutsche Reich“ – wahlweise das Kaiserreich, die Weimarer Republik oder das „Dritte Reich“ – bestehe in Wahrheit immer noch, die Bundesrepublik hingegen sei nur eine „GmbH“ unter Führung der USA und habe keine Rechtsautorität. „Selbstverwalter“ berufen sich nicht zwangsläufig auf ein „Deutsches Reich“, gründen aber „souveräne Staaten“, meist auf dem eigenen Grundstück, und stützen sich dabei u.a. auf ein angeblich von der UNO verbrieftes Recht auf „Selbstverwaltung“. Oft steht hinter solchen Behauptungen der Versuch, sich staatlichen Forderungen wie Steuern, Sozialabgaben oder Pfändungen zu entziehen.

Ihre Wurzeln hat die „Reichsbürger“-Bewegung in rechtsextremistischen Strömungen der 1980er Jahre, als erstmals sogenannte „Kommissarische Reichsregierungen“ gegründet wurden. Deren Ideen fanden aber in der rechtsextremen Szene wenig Anklang, und inzwischen hat sich die Bewegung verselbständigt, befördert durch die sozialen Medien. Der Verfassungsschutz schätzt, dass unter den etwa 19 000 Personen aus dem Spektrum der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ nur 950 Rechtsextremisten sind.

Das macht die Bewegung aber nicht ungefährlich. 2019 ließen sich 677 Straftaten dem Bereich der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ zurechnen. Oft handelte es sich um Nötigungen und Bedrohungen, zumeist gegen Staatsvertreter. Registriert wurden außerdem 132 Gewaltdelikte, darunter 87 Erpressungen, 32 Widerstandsdelikte und 13 Körperverletzungen. Gefährdungspotenzial besteht außerdem in der Waffenaffinität der Szene: Ende 2019 besaßen rund 530 „Reichsbürger“ bzw. „Selbstverwalter“ waffenrechtliche Erlaubnisse. Mehrere Hundert solcher Erlaubnisse wurden seit 2016 entzogen.

Ausgabe: 10/2020
Produktformat: Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder
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