Der Aufstieg der Schwellenländer
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Infografik Nr. 625175
Als „Schwellenländer“ werden üblicherweise Länder bezeichnet, die angesichts ihrer Fortschritte in der Industrialisierung und ihrer wirtschaftlichen Dynamik nicht mehr als Entwicklungsländer gelten können, aber aufgrund sozialer Indikatoren – wie hohe Armutsquoten, niedrige Lebenserwartung oder geringer Bildungsgrad – (noch) keine Industrieländer sind. Eine einheitliche Liste von „Schwellenländern“ existiert allerdings nicht. Je nach Abgrenzung werden entweder nur fünf oder über 60 Länder zu dieser Kategorie gezählt. Betrachtet man den Aufstieg der Schwellenländer in den letzten dreißig Jahren, so steht neben China ein ganzer Kranz von Staaten Südost- und Ostasiens im Blickpunkt, die zum Teil (wie Südkorea oder Taiwan) inzwischen als „neue Industrieländer“ zu charakterisieren sind.
Als große Schwellenländer stechen vor allem die BRICS-Staaten hervor, also Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Bei diesen Ländern handelt es sich nämlich nicht nur um aufstrebende Volkswirtschaften, sondern außerdem um regionale Großmächte mit machtpolitischem Gewicht. Das gilt besonders für China: Während die Anteile an der Weltwirtschaftsleistung bei den anderen Ländern der BRICS-Gruppe seit 1990 relativ konstant blieben oder gar leicht zurückgingen (Russland), hat China seinen Anteil von nur 2 % auf inzwischen 14 % ausgebaut und damit sowohl Japan als auch die Industriemächte Westeuropas überflügelt – zumindest, wenn man nicht die EU als Ganze betrachtet. Und in nicht allzu ferner Zukunft wird China wohl auch die USA als größte Volkswirtschaft der Erde ablösen.
Längst sind die großen Schwellenländer nicht mehr nur die „verlängerte Werkbank“ des Westens, sondern selbst Industrieproduzenten. Dabei verfolgen sie eigene Wirtschaftsmodelle, die in vielerlei Hinsicht vom Kapitalismus westlicher Prägung abweichen. Ihre mehr oder weniger „staatskapitalistischen“ Modelle setzen bei der Unternehmensfinanzierung vorrangig auf nationales Kapital, sind von den internationalen Finanzmärkten weit weniger abhängig als westliche Volkswirtschaften und verfügen über vergleichsweise billige, aber dennoch gut qualifizierte Arbeitskräfte, die zunehmend auch die Binnennachfrage ankurbeln.
Jenseits wirtschaftlicher Aspekte spielen beim Aufstieg der Schwellenländer Fragen der politischen Weltordnung eine Rolle, gerade mit Blick auf den relativen Machtzuwachs von China gegenüber den USA. Sorge bereiten historische Betrachtungen, wonach der Aufstieg einer neuen Großmacht stets zu einem großen Krieg geführt hat. Eine Regel lässt sich daraus aber nicht ableiten. Viel hängt letztlich von gegenseitigen Wahrnehmungen und entsprechenden Verhaltensweisen ab.
Ausgabe: | 10/2021 |
Produktformat: | Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |