Administrierte Preise
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Infografik Nr. 293670
Nach Jahren mit gemäßigten Preissteigerungsraten schossen die Verbraucherpreise in Deutschland wie in vielen anderen Ländern ab Jahresanfang 2021 in die Höhe. Die nach der Corona-Pandemie erhöhte Nachfrage, Versorgungsengpässe auf Grund gestörter Lieferketten und fehlender Produktionskapazitäten, steigende Transportkosten und die Auswirkungen des Angriffs auf die Ukraine im Frühjahr 2022 sorgten zusammen für einen ungeahnt hohen Preisdruck. Vor allem in der Energieversorgung, bei Kraftstoffen, Strom und Heizungsenergie, schnellten die Preise nach oben.
Nun folgen nicht alle Preise unmittelbar dem Spiel von Angebot und Nachfrage. Dazu zählen insbesondere die administrierten Preise. Man versteht darunter Preise für Güter und Dienstleistungen, die durch die öffentliche Hand – Bund, Länder, Gemeinden oder staatliche Regulierungsbehörden – festgesetzt oder doch maßgeblich beeinflusst werden. Das betrifft zum Beispiel die Preise für Arzneimittel, die Versorgung im Krankenhaus, die Unterbringung in einem Seniorenheim, Gebühren für Müllabfuhr und Wasserversorgung, Eintrittskarten für Museen und Theater, Kitagebühren, Fahrpreise in der Bahn und im öffentlichen Nahverkehr, das Briefporto und die Gebühren für die Dienste der öffentlichen Verwaltung.
Bei der Berechnung des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), der europaweit erhoben wird, entfallen in Deutschland 12,5 % des Gewichts auf solche administrierten Preise. Der EU-Durchschnitt liegt bei 12,6 %. Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil der administrierten Preise u.a. in den Niederlanden (23,0 %) und in Frankreich (17,6 %). Übertroffen werden diese Anteile aber noch in der Schweiz, wo mehr als ein Viertel aller Preise (28,7 %) vom Staat vorgegeben werden.
Welchen Einfluss haben die administrierten Preise nun auf die gesamte Verbraucherpreisentwicklung? Betrachtet man den Indexverlauf, so lagen die Kurven für den Gesamt-HVPI und für den HVPI-AP, der nur die administrierten Preise erfasst, bis Ende 2020 dicht beieinander. Anfang 2021 erfolgte eine sprunghafte Erhöhung des HVPI-AP, der danach aber in mäßigem Tempo weiter stieg, während der Gesamt-HVPI steil nach oben ausbrach. Im Juni 2022 sackte der HVPI-AP plötzlich um mehr als fünf Indexpunkte ab – eine Auswirkung vermutlich des Neun-Euro-Tickets, das den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr verbilligte. Der Anstieg der Inflationsrate wurde dadurch deutlich abgebremst. Da sich die administrierten Preise im Allgemeinen ruhiger entwickeln als die übrigen Preise, können sie die Inflation mäßigend beeinflussen, allerdings wohl nur vorübergehend und nur in begrenztem Rahmen.
Ausgabe: | 09/2022 |
Produktformat: | eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |