Rückfälle bei Straftaten
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Infografik Nr. 131214
Im modernen Rechtssystem dienen Strafen nicht der bloßen Vergeltung. Ihre wesentliche Funktion liegt vielmehr darin, zukünftige Straftaten zu verhindern. Dabei richtet sich ihre beabsichtigte Wirkung einerseits auf die Gesellschaft im Allgemeinen (Generalprävention): Strafen sollen die geltende Rechtsordnung bekräftigen, das öffentliche Rechtsbewusstsein stärken und mögliche Täter vom Begehen einer Straftat abhalten. Andererseits sollen Strafen auf den Täter selbst einwirken: negativ, indem sie ihn von weiteren Straftaten abschrecken, und positiv, indem sie von Maßnahmen zur Resozialisierung begleitet werden. Der Erfolg einer solchen Spezialprävention lässt sich daran bemessen, ob ein strafrechtlich sanktionierter Täter erneut straffällig wird. Dazu haben Forscher des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht und der Universität Göttingen über einen Zeitraum von zwölf Jahren (2004 bis 2016) beobachtet, wie sich Straftäter nach einer Sanktion bzw. nach ihrer Haftentlassung „bewähren“.
Wie die Auswertung der Daten zeigte, wurde die Hälfte der sanktionierten Straftäter erneut straffällig: Die allgemeine Rückfallrate lag nach neun Jahren bei 50 %. Unterschiede zeigten sich erwartungsgemäß beim Alter: So wurden Jugendliche und Heranwachsende im Allgemeinen öfter und schneller rückfällig als Erwachsene. Bei Straftätern unter 21 Jahren wurde bei mehr als der Hälfte eine weitere strafrechtliche Sanktion fällig, bei Erwachsenen über 45 Jahren sank diese Rate auf weniger als 40 %. Noch deutlicher waren die Unterschiede nach dem Geschlecht: Die Rückfallrate bei Männern lag um fast zwanzig Prozentpunkte höher als bei Frauen (54 % gegenüber 37 %).
Auch nach der Art des Delikts unterscheiden sich die Rückfallraten. Dabei ist zusätzlich die einschlägige Rückfallrate von Interesse: Sie zeigt, ob ein Straftäter mit einer Tat rückfällig wurde, die derselben Deliktgruppe zuzurechnen ist wie die Tat der ursprünglichen Sanktion. Die höchsten allgemeinen Rückfallraten waren in der Deliktgruppe „Raub oder Erpressung“ zu beobachten: Fast drei Viertel der Täter (74 %) wurden binnen zwölf Jahren erneut straffällig, allerdings nur 12 % einschlägig, also wieder mit einem Rauboder Erpressungsdelikt. Hoch waren die Quoten auch bei Körperverletzung: 59 % begingen erneut eine Strafttat, bei 25 % war es wieder Körperverletzung. Bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung sowie bei Mord und Totschlag gab es dagegen nur sehr wenige Wiederholungstäter (5 % bzw. unter 1 %). Die Hälfte der Sexualstraftäter wurde indes wieder allgemein straffällig, bei Tötungsdelikten über ein Drittel. Allerdings handelte es sich dabei in der Mehrzahl um weniger schwere Delikte.
Ausgabe: | 12/2020 |
Produktformat: | Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |