Entwicklung der Lohnstückkosten
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Infografik Nr. 349102
Die Lohnstückkosten sind ein wichtiger, wenn auch nicht der einzige, Maßstab für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit eines Landes oder eines Industriezweigs im Vergleich zu seinen Konkurrenten. Sie geben an, wie hoch der Anteil der Arbeitskosten ist, der auf eine Produkteinheit entfällt. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene oder für einen ganzen Wirtschaftsbereich lassen sich die Lohnstückkosten ermitteln, indem das Arbeitnehmerentgelt (also der Bruttolohn zuzüglich der vom Arbeitgeber getragenen Sozialbeiträge) zur Bruttowertschöpfung je Arbeitsstunde ins Verhältnis gesetzt wird. Hohe Arbeitskosten müssen kein Nachteil sein, wenn sie mit einer hohen Produktionsleistung je Stunde (d.h. mit hoher Produktivität) einhergehen. Andererseits bedeutet ein niedriges Lohnniveau noch nicht, dass auch die Lohnstückkosten niedrig sind, denn auch hier kommt es auf das Verhältnis zur Produktionsleistung an.
Da der Export für die Bundesrepublik Deutschland von herausragender Bedeutung ist, wird die Höhe der industriellen Lohnstückkosten und ihre Entwicklung über längere Zeiträume stets besonders aufmerksam verfolgt. In den 1990er Jahren stiegen die Lohnstückkosten im Verarbeitenden Gewerbe innerhalb weniger Jahre in raschem Tempo an. 1996 lagen sie um rund 17 % höher als im Ausgangsjahr 1991. Daran hatten sowohl die starken Lohnerhöhungen in Ostdeutschland als auch hohe Lohnzuwächse in Westdeutschland ihren Anteil. Die davon ausgehenden Wettbewerbsnachteile führten zu deutlichen Marktanteilsverlusten auf den Absatzmärkten. Mit Rationalisierungsmaßnahmen versuchten die Unternehmen diesem Trend zu begegnen. Aber erst in der wirtschaftlichen Stagnationsphase nach der Jahrtausendwende, in der die Arbeitnehmer Lohnzurückhaltung übten, um ihre Arbeitsplätze nicht zu gefährden, fielen die Lohnstückkosten innerhalb weniger Jahre wieder auf ihr Ausgangsniveau. Diese Entwicklung stieß bei den EU-Nachbarn auf Kritik, weil sie dadurch ihre eigene Wettbewerbssituation gefährdet sahen.
In der Wirtschafts- und Finanzkrise schossen die Lohnstückkosten 2009 steil nach oben, als die Unternehmen trotz der stark gesunkenen Nachfrage ihre Belegschaften zu halten versuchten und dafür einen massiven Rückgang der Produktivität in Kauf nahmen. Schon 2010 normalisierte sich das Bild wieder. Danach wurde die Entwicklung durch höhere Lohnzuwächse bei schwach steigender Produktivität bestimmt. 2019 hatte die rückläufige Industriekonjunktur einen deutlichen Anstieg der Lohnstückkosten zur Folge. So verschlechterte sich die Position der deutschen Industrie gegenüber der ausländischen Konkurrenz, wobei der sinkende Euro-Wechselkurs auf den Märkten außerhalb der Eurozone jedoch für Entlastung sorgte.
Ausgabe: | 06/2020 |
Produktformat: | Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |