Deutsches Asylrecht: "Sichere Drittstaaten"
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Infografik Nr. 130375
Das Grundrecht auf Asyl ist im Grundgesetz verankert. Per Gesetz soll unberechtigten Asylanträgen aber ein Riegel vorgeschoben werden. Was bedeutet das für Menschen, die aus "sicheren Drittstaaten" oder "sicheren Herkunftsstaaten" einreisen?
Ein Mensch, der sein Land verlässt, weil er befürchten muss, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Überzeugung verfolgt zu werden, soll in Deutschland eine sichere Zuflucht finden können. Das ist der Kern des im Grundgesetz verankerten Asylgrundrechts. Mit der Asylrechtsreform von 1993 wurden der ursprünglich knapp formulieren Grundgesetzbestimmung („Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“) in einem neuen Artikel 16a allerdings eine Reihe ergänzender Regelungen und Gesetzesvorbehalte hinzugefügt, die eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme des Asylrechts erschweren sollen. Anlass dafür war die Zunahme sogenannter Armutsflüchtlinge zu Beginn der 1990er Jahre.
Art. 16a Abs. 2 GG bestimmt nun einschränkend, dass Ausländer, die über einen „sicheren Drittstaat“ einreisen wollen, in Deutschland keinen Asylantrag als politisch Verfolgte stellen können. Als sichere Drittstaaten gelten laut Asylgesetz die EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen und die Schweiz. Es handelt sich dabei um Länder, in denen die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention angewandt werden, so dass sich politisch Verfolgte auch dort in Sicherheit befinden. Deutschland sieht sich mithin von Staaten umgeben, die selbst Schutz vor Verfolgung bieten. Asylsuchende, die auf dem Landweg in die Bundesrepublik kommen, können deshalb wieder zurückgeschoben werden – es sei denn, dass Deutschland auf Grund europäischen Rechts oder völkerrechtlicher Verträge für das Asylverfahren zuständig ist oder dass das Bundesinnenministerium aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Erwägungen eine Ausnahme angeordnet hat.
Zur Abwehr unbegründeter Asylbegehren wurde vom Gesetzgeber zudem eine Liste sicherer Herkunftsstaaten aufgestellt, in denen aus Sicht der Bundesrepublik keine politische Verfolgung stattfindet. Asylanträge von Bürgern dieser Staaten gelten daher als „offensichtlich unbegründet“, wenn nicht Tatsachen vorgebracht werden, die im Einzelfall doch auf Verfolgung hindeuten. Die Liste umfasste anfangs die Mitgliedstaaten der EU, die Balkanstaaten Bosnien-Herzegowina, (Nord-)Mazedonien und Serbien sowie Ghana und Senegal. 2015 kamen angesichts der anschwellenden Flüchtlingszuwanderung nach Deutschland auch Albanien, Montenegro und Kosovo auf die Liste. Ende 2023 wurden zudem die EU-Beitrittskandidaten Moldau und Georgien zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Dieser Beschluss fiel zeitlich zusammen mit der Einigung der EU auf einheitliche, strengere Regeln im europäischen Asylsystem.
Ausgabe: | 02/2024 |
Produktformat: | eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |