Dauer von Strafverfahren
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Infografik Nr. 129525
Die zunehmende Dauer der Strafverfahren macht der Justiz zu schaffen. Staatsanwaltschaften und Gerichte sind häufig überlastet, weil Stellen fehlen. Gleichzeitig nimmt die Komplexität vieler Verfahren zu. Von Land zu Land stellt sich die Situation aber unterschiedlich dar.
„Die Strafe folgt auf dem Fuße“ – diese Redensart drückt das allgemeine Empfinden aus, dass die abschreckende Wirkung von Strafen auch davon abhängt, wie zügig sie verhängt werden. Entsprechend schnell und effizient sollen Strafverfahren ablaufen, denn sie demonstrieren nicht zuletzt die Handlungsfähigkeit eines Rechtsstaates. Gerade in diesem Punkt besteht in Deutschland Handlungsbedarf. Bei den Amtsgerichten, wo in der Regel Straftaten mit einer maximalen Freiheitsstrafe von vier Jahren verhandelt werden, hat sich die durchschnittliche Verfahrensdauer zwischen 2010 und 2023 von 3,8 Monaten auf 5,0 Monate verlängert. Kaum anders sieht es auch bei den Landgerichten aus, wo schwerere Fälle mit einer Straferwartung von mindestens vier Jahren Haft verhandelt werden und die Verfahren entsprechend aufwendiger sind: Bei erstinstanzlichen Strafverfahren stieg die Verfahrensdauer zwischen 2010 und 2023 von durchschnittlich 6,3 Monaten auf 8,4 Monate. Zwischen den Bundesländern zeigen sich allerdings Unterschiede: Am längsten dauerten die Strafverfahren vor dem Amtsgericht 2023 in Bremen und Hessen und vor dem Landgericht in Bremen und Brandenburg, während Bayern und Baden-Württemberg jeweils klar unter dem Bundesdurchschnitt lagen.
Überlange Prozessdauern können dazu führen, dass Verfahren eingestellt werden oder dass Angeklagte, die eines schweren Verbrechens beschuldigt werden, aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen, obwohl die Vorwürfe nicht ausgeräumt sind. Eine der Ursachen für steigende Verfahrensdauern ist die Überlastung des Justizapparats, wo es an Staatsanwälten, Richtern und Justizangestellten fehlt. Gleichzeitig nimmt die Komplexität von Strafverfahren zu und die Auswertung digitaler Datenmengen erfordert einen immer höheren Aufwand.
Um den Verfahrensablauf zu vereinfachen und zu beschleunigen, wurde Ende 2019 ein Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens erlassen. Im gleichen Jahr schlossen Bund und Länder einen Pakt für den Rechtsstaat, der die finanzielle Unterstützung des Bundes für die Einrichtung zusätzlicher Staatsanwalts- und Richterstellen vorsah. Der Ende 2021 zwischen den Ampelparteien vereinbarte Koalitionsvertrag sagte zu, den Rechtsstaatspakt mit den Ländern zu verstetigen und ihn um einen Digitalpakt für die Justiz zu erweitern. Im Rahmen der Digitalisierungsinitiative für die Justiz, wie der Digitalpakt nunmehr heißt, führt der Bund eigene Projekte durch und unterstützt Digitalisierungsvorhaben der Länder. Neue rechtliche Rahmenbedingungen brachte das „Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz“ vom Juli 2024.
Ausgabe: | 10/2024 |
Produktformat: | eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |