Der Vertrag über die Energiecharta

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Als Abkommen über die West-Ost-Zusammenarbeit im Energiesektor wurde der Vertrag über die Energiecharta in den 1990er Jahren gefeiert. Heute sehen Kritiker in ihm eher ein Hindernis für die Energiewende. Einige Vertragsparteien, darunter Deutschland, haben deshalb ihren Austritt aus dem Vertrag erklärt. Was regelt der Vertrag? Und was spricht heute gegen ihn?

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Der im Dezember 1994 unterzeichnete Vertrag über die Energiecharta ist ein multilaterales Abkommen über die Zusammenarbeit im Energiesektor. Er trat im April 1998 in Kraft. Ursprünglich gehörten ihm rund 50 Einzelstaaten, überwiegend aus Europa und Zentralasien, sowie die EU und Euratom als Vertragsparteien an. Der Vertrag wird ergänzt durch die europäische Energiecharta von 1991, eine nicht-bindende politische Erklärung, deren Ziele dem Vertrag zugrundeliegen, und die internationale Energiecharta von 2015. Die Unterzeichner dieser Erklärungen nehmen als Beobachter an der Arbeit der Vertragsparteien teil.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des Ostblocks sollte der Vertrag die Rahmenbedingungen schaffen für die künftige Ost-West-Zusammenarbeit in Energiefragen und die Einbeziehung der Energieressourcen in den Weltmarkt. Sein Hauptziel bestand darin, westliche Investitionen abzusichern und den Technologietransfer im Energiesektor zu ermöglichen. Vier Bereiche werden durch den Vertrag geregelt: ● der Schutz ausländischer Investitionen vor den wichtigsten nichtkommerziellen Risiken (wie Unruhen oder Enteignungen), ● Nichtdiskriminierung im Energiehandel und Sicherstellung des Transits von Primärenergieträgern und Energieprodukten; ● die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Vertragsstaaten und Investoren durch Schiedsgerichte; ● Verpflichtungen zur Energieeffizienz und zum Umweltschutz.

Der Vertrag ist seit Jahren umstritten. Kritiker sehen in ihm ein Hindernis für die Energiewende und die Erreichung von Klimazielen. So können Energieunternehmen einen Vertragsstaat verklagen, wenn dieser z.B. Gesetze für einen verbesserten Klimaschutz erlässt und dadurch die Gewinnaussichten der Unternehmen einschränkt. Das gilt selbst für mutmaßlich entgangene Gewinne aus Investitionen, die noch gar nicht getätigt wurden, weil z.B. eine Förderlizenz nicht erteilt wird. Die Verfahren werden vor Schiedsgerichten außerhalb der staatlichen Justiz ausgetragen. 2021 entschied der Europäische Gerichtshof jedoch, dass diese Regelung bei Streitigkeiten zwischen EU-Staaten nicht mehr gültig ist.

Die Europäische Kommission drängte zunächst darauf, den Vertrag zu modernisieren, scheiterte damit aber an der fehlenden Einigkeit der EU-Mitglieder. Sie schlägt daher nun den Austritt der EU aus dem Vertrag vor. Einzelne EU-Länder haben inzwischen schon den Rückzug aus dem Energiecharta-Vertrag erklärt, während andere daran festhalten wollen. Nach dem Ausstieg aus dem Vertrag gilt allerdings eine 20-jährige Frist, innerhalb deren Investitionen weiterhin geschützt sind und Entschädigungen verlangt werden können.

Ausgabe: 05/2024
Produktformat: eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder
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