Arztbesuche

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Infografik Nr. 141273

Angesichts der Defizite in der gesetzlichen Krankenversicherung wird auf politischer Ebene verstärkt nach Lösungen gesucht. Ein Vorschlag zielt darauf, den Hausärzten eine Lotsenfunktion im Gesundheitssystem zuzuweisen und dadurch die Zahl der Arztbesuche zu reduzieren. Gehen die Deutschen wirklich zu oft zum Arzt? Was sagt der internationale Vergleich?

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Deutschland verfügt über ein leistungsfähiges Gesundheitssystem. Trotzdem wird es von vielen Seiten kritisiert. Die Kosten des Gesundheitswesens sind im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hoch: Mit 12,3% des BIP (2024) wurden sie nur von den USA (17,2%) übertroffen. Trotz steigender Beitragssätze beklagen die gesetzlichen Krankenkassen ein wachsendes Defizit: 2024 belief es sich bereits auf 6,6 Mrd Euro. Angesichts der inflationären Kostenentwicklung und des hohen Patientenaufkommens sehen sich die Ärzte dagegen unzureichend entlohnt. Und die Bürgerinnen und Bürger, vor allem in ländlichen Regionen, klagen über lange Wartezeiten auf einen Arzttermin. Es besteht daher weithin Übereinstimmung, dass umfassende Reformen erforderlich sind.

Auf politischer Ebene wird darüber nachgedacht, das sogenannte Doktor-Hopping, den beliebigen Wechsel der Patienten zwischen verschiedenen Ärzten, einzuschränken. Das könnte durch ein verpflichtendes Hausarzt-System erreicht werden, in dem Kassenpatienten zuerst ihre Hausarztpraxis aufsuchen müssten, um von dort an einen Facharzt überwiesen zu werden. Ausnahmen kämen für akute Fälle oder den Besuch bei Gynäkologen oder Augenärzten in Frage. Um die Befolgung der Regel durchzusetzen, könnten Gebühren bei Nichteinhaltung erhoben oder Anreize geboten werden. Als Effekt wird erwartet, dass die Zahl der Arztbesuche zurückgeht und überflüssige Doppeluntersuchungen vermieden werden.

Die Zahl der Arztbesuche ist dadurch ins Zentrum der politischen Debatte gerückt. Bundeskanzler Merz beklagte im September 2025, Deutschland erreiche mit durchschnittlich zehn Arztbesuchen pro Kopf und Jahr einen einsamen europäischen Rekord. Ein Blick in die Statistik bestätigt diese Aussage nur zum Teil. So werden ähnlich hohe Zahlen auch für andere europäische Staaten (Österreich, Niederlande) angegeben; für Japan und Südkorea liegen sie sogar noch deutlich höher. Vor allem aber lässt sich an den nackten Zahlen nicht ablesen, warum die Zahl der Arztbesuche in manchen Ländern niedriger ist: Fehlt es dort an Ärzten in erreichbarer Entfernung? Müssen hohe Kosten aus eigener Tasche gezahlt werden? Oder trägt eine vorbeugende Gesundheitspolitik dazu bei, dass weniger Behandlungsbedarf entsteht?

Einen Versuch, die Zahl der Arztbesuche in Deutschland durch finanzielle Beteiligung der Patienten einzudämmen und die Rolle des Hausarztes als „Torwächter“ vor weiteren Untersuchungen zu stärken, gab es schon einmal: 2004 bis 2012 wurde von Kassenpatienten eine Praxisgebühr von 10 Euro im Quartal erhoben, zahlbar beim ersten Arztkontakt. Weil sie ihren Zweck nicht erfüllte, wurde sie wieder abgeschafft. 

Ausgabe: 10/2025
Produktformat: eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei.
Reihe: 53
Reihentitel: Zahlenbilder
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