Armut und materielle Entbehrung
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Infografik Nr. 286340
Armut hat nicht nur mit dem Mangel an Geld zu tun. Sie drückt sich auch darin aus, dass auf Dinge, die zum normalen gesellschaftlichen Leben gehören, verzichtet werden muss. Zahlen zur "materiellen Entbehrung" aus der europäischen Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen!
Trotz aller wohlfahrtsstaatlichen Absicherung treten auch in einem reichen Land wie Deutschland vielfältige Erscheinungen von Armut auf. Was Armut jedoch konkret bedeutet und unter welchen Umständen ein Mensch oder ein Haushalt als arm zu bezeichnen sind, ob sie nur auf Rundgruppen zutrifft oder in breite Schichten der Gesellschaft hineinreicht, darüber gehen die Auffassungen schon auseinander. Absolute Armut herrscht, wenn Menschen durch den Mangel an Nahrung, an medizinischer Hilfe oder einer schützenden Unterkunft unmittelbar in ihrer Existenz gefährdet sind. In einer wohlhabenden entwickelten Gesellschaft sind solche extremen Notlagen die Ausnahme. Als arm gilt aber auch schon, wer deutlich unter dem allgemeinen Einkommensniveau liegt (relative Armut). Die in der EU gebräuchliche Definition besagt, dass Personen mit einem Einkommen von weniger als 60 % des mittleren Einkommens als armutsgefährdet anzusehen sind. Ausgangspunkt der Berechnungen ist das verfügbare Haushaltseinkommen, das bedarfsgewichtet auf die Haushaltsmitglieder aufgeteilt wird. Doch ist nicht jeder, für den ein Armutsrisiko besteht, schon zwangsläufig arm zu nennen. Dafür spielt auch eine Rolle, ob er nur vorübergehend oder auf längere Dauer mit so knappen Mitteln auskommen muss, ob er noch über Vermögenswerte verfügt und wie er sein Einkommen verwendet.
Ergänzend zur Messung der Einkommensarmut wird das Konzept der materiellen Deprivation herangezogen. Deprivation bedeutet den erzwungenen Verzicht auf Dinge, die zur normalen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gehören. In diesem Sinne leidet unter Entbehrung, wer sich z.B. keinen Fernseher oder keine Waschmaschine leisten kann, mit Miete, Stromrechnung oder Ratenzahlungen in Verzug gerät und nicht in der Lage ist, eine kurze Urlaubsreise zu unternehmen oder alle zwei Tage eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder einer gleichwertigen vegetarischen Alternative auf den Tisch zu bringen. Auch die Wohn- und Umweltsituation kann einen eingeschränkten Lebensstandard verraten. Im Rahmen der EUStatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) wird anhand einer 13-Punkte-Auswahlliste danach gefragt, welche Bestandteile des normalen Lebensstandards bei den Befragten fehlen. Wer auf mindestens fünf dieser Dinge verzichten muss, gilt als materiell unterversorgt. Besonders prekär erscheint die Lage derjenigen, bei denen Einkommensarmut, materielle Entbehrung und sehr geringe Teilnahme am Arbeitsleben zusammenkommen. In Deutschland waren 2023 rund 21 % der Bevölkerung (17,7 Mio Menschen) von Armut oder ernsthafter materieller und sozialer Entbehrung betroffen. EU-weit waren es 95,3 Mio (2022). Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, diese Zahl bis 2030 um 15 Millionen zu verringern.
Ausgabe: | 04/2024 |
Produktformat: | eps-Version, Komplette Online-Ausgabe als PDF-Datei. |
Reihe: | 53 |
Reihentitel: | Zahlenbilder |